Ein Camper, so leicht, dass sogar Anfänger damit losfahren können: Auf der Suche nach einem ökologischen Material für sein neuestes Projekt stieß Ingenieur Anno Mentzel auf Kiri (botanisch: Paulownia). Im Interview verrät er, warum es in seinem AirCamper niemals klamm wird, welche Erfahrungen er mit dem Holz gemacht hat und warum das Bett die größte Herausforderung war.
Herr Mentzel, Sie haben einen minimalistischen Camping-Anhänger aus Kiri gebaut. Der dürfte einzigartig sein. Wie haben Sie das angestellt?
Anno Mentzel: Ich wollte immer schon so ein Ding haben, weil ich das Teardrop-Design, diese Tränenform, einfach niedlich finde. Ein Freund hat mich dann drauf gebracht einen zu bauen. Also habe ich den AirCamper am Rechner entworfen, alles berechnet, simuliert und ihn dann nebenbei im Laufe eines halben Jahres gebaut. In der Tat gibt es derzeit nichts Vergleichbares auf dem Markt.
Was war die größte Herausforderung beim Bauen?
(lacht): Der Bettkasten! Finden Sie mal Zahlen über die Belastung eines Betts, in dem sich jemand vielleicht mehr bewegt als im Schlaf üblich! Gibt es nirgendwo. Für meine Berechnung habe ich dann mit 200 Kilo Personenmasse kalkuliert, eine Kraft von 5g – also fünffache Erdbeschleunigung – angenommen und bin dann auf doppelte Sicherheit gegangen.
Warum haben Sie Kiri- bzw. Paulownia-Holz benutzt?
Weil es so superleicht ist. Das passt zu unserem Konzept, wir setzen absolut auf Ökologie und Nachhaltigkeit. Die meisten Camper sind ja aus Aluminium und Kunststoff. Das wollten wir nach Möglichkeit vermeiden. Außerdem sparen wir mit dem Paulownia-Holz Treibstoff. Denn je schwerer etwas ist, desto mehr Kraft braucht der Motor des Zugfahrzeugs. Unser Camper ist mit Abstand der leichteste und ökologischste in der Größenklasse.
Wieviel wiegt der Anhänger denn?
Er hat rund 330 Kilo Leergewicht. Andere Anhänger aus Holz wiegen locker mehr als dreimal so viel. Dabei haben wir als einziger Teardrop-Camper sogar eine Toilette an Bord. Er ist so leicht, dass das sogar Anfänger jeder Führerscheinklasse damit losdüsen können. Aber auch bei uns ist noch Luft nach unten: Weil ich einen kleinen Lomax fahre, der nur 270 Kilo ziehen darf, ist das mein nächstes Ziel.
Bei aller Niedlichkeit sieht Ihr Camper auch ziemlich windschnittig aus.
Ja, ich bin ja auch Flugzeugkonstrukteur und habe selbstverständlich auf stromlinienförmige Aerodynamik geachtet. Spart auch wieder Treibstoff.
Bei dem ganzen Holz: Ist es bei schlechtem Wetter nicht ein bisschen frisch in dem Ding?
Nein, überhaupt nicht. Erstens haben wir als Bordheizung einen ökologischen Teelicht-Ofen – und durch das Holz hat man immer schön warme Füße. Zweitens schafft Paulownia ein wirklich angenehm warmes Klima. Die vier Liter Feuchtigkeit, die jede Person pro Nacht produziert, geht bei uns einfach durch das Holz nach draußen, ohne dass es wie im Zelt auskühlt. Es ist bei uns nie klamm wie in anderen Wohnwagen.
Drinnen sind ja nicht nur ein Bett und ein Klo untergebracht, sondern auch noch eine Küche mit Wassertank, Kochstelle und sogar einem Weinregal. Ganz schön luxuriös!
Meine Freundin und ich kochen sehr gerne. Da muss die Küche schon gut ausgestattet sein. Wegen des Gaskochers ist es übrigens auch praktisch, dass Paulownia-Holz einen viel höheren Flammpunkt hat als normales Holz. Das Weinregal ist allerdings nur ein Rotweinregal, für Weißwein ist es dort etwas zu warm (lacht).
Und was ist das da in der Mitte mit dem Deckel?
Ein Mülleimer, in den man die Küchenabfälle direkt hineinschieben kann. Den hat sich mein Sohn fürs Kochen gewünscht.
Das sieht alles sehr durchdacht aus.
Na klar! Das ist durchdachter Minimalismus. Ökologisch, nachhaltig, effektiv … das ja auch das VolksSchrauber-Motto.
Und trotzdem schick.
So ein Camper sollte nicht nur praktikabel sein, sondern auch eine schöne Anmutung haben, finde ich. Man will es am Wochenende ja schön haben beim Kochen und Essen am See.
Aber bis dahin ist es ein Haufen Arbeit, oder?
Schon, aber das Holz ließ sich super verarbeiten, einfacher als normales Holz. Das liegt auch an der geilen Beschaffenheit von Polly, wie ich das Holz auch gerne nenne. Weil Paulownia so viel leichter ist, sind auch die Schnittkräfte sehr viel kleiner. Das heißt, man kommt mit handelsüblichen Akkuwerkzeugen aus – und zwar komplett von der Kreissäge über den Hobel bis zum Schrauber. Die kann man aus dem Handgelenk bedienen. Wenn ich dagegen den ganzen Tag mit einer schweren Säge hantiere, habe ich abends lahme Flügel. So aber hatte ich vor allem das Gefühl, etwas Schönes zu bauen. Ich bin jeden Abend mit einem Grinsen aus der Werkstatt raus.
Herr Mentzel, vielen Dank für das Gespräch!